Legionellen im Trinkwasser – Mikrobiologische Grundlagen – Eine Literaturrecherche

Dipl.-Biol. Michael Groth

Was sind Legionellen und wo treten sie auf?

Legionellen sind im Wasser lebende, gramnegative, nicht sporenbildende stäbchenförmige Bakterien aus der Familie der Legionellaceae. Beweglich werden Legionellen durch polare Flagellen (Geißeln). In der Größe variieren die Bakterien mit einer Breite von 0,3 – 0,9 µm und einer Länge von 2 – 20µm (Wiesmann E. 1982).

Aquatische Systeme wie zum Beispiel Flüsse, Bäche oder auch thermisch belastete Wässer bilden das natürliche Habitat von Legionella spec. (Brooks et al. 2004; Colbourne and Dennis 1989; Hsu et al. 1984; Lin et al. 1998; Stout et al. 1985). Legionellen finden sich weiterhin in der gesamten Trinkwasserverteilung – angefangen von der Quelle (Fluss oder Grundwasser) bis zum Wasserhahn des Verbrauchers. Allerding zeigen natürliche aquatische Systeme nur eine geringe Anzahl von Legionellen (Joseph O. Falkinham et al. 2015).

Die Anwesenheit von Legionellen in Trinkwasserwasserleitungssystemen heißt nicht sofort und zwangsläufig, dass das System schlecht oder nicht richtig gewartet wurde, da Legionellen ein natürlicher Bestandteil der Mikroorganismenpopulation in der Wasserverteilung sein können (Joseph O. Falkinham et al. 2015).

Schätzungen zur Folge werden in rund 50% der Trinkwassersysteme großer Gebäude und in 10-30% der Einfamilienhäuser in den USA Legionellen gefunden (Kool 1999; Stout and Yu 2011).

In einer landesweiten Studie (USA), die sich molekularbiologischer Techniken bediente, konnten in 50% der Kaltwasserproben genetisches Material von Legionella spec, nachgewiesen werden (Donohue et al. 2014).

Als Problem stellt sich dar, dass auch mit Standardmethoden Legionellen nicht komplett aus Trinkwasser eliminiert werden können. Legionellen sind z.B. vergleichsweise chlorresistenter als E.coli (Garcia and Pelaz 2008; Hosein 2005; Kim 2002; Zhang et al. 2007, OSHA 2017). Des Weiteren schützen sich Legionellen aktiv durch Kapselung bzw. Encystierung.

Als Kapsel dienen Amöben oder Protozoen, die die Legionellen phagocytieren. Die Zellwand der Amöben ist relativ chlorresistent, sodass encystierte Legionellen Chlorkonzentrationen von bis zu 50 ppm überleben (Kilvington and Price1990).

Akanthamöben, Pseudopodien Quelle: PIXINO, Carr, Armbruster, Williams, USCDCP

Bei welcher Temperatur sterben Legonellen ab?

Für das Legionellenwachstum und die Ausbreitung im Trinkwasserleitungssystem bedarf es bestimmter Optimumparameter: Wassertemperaturen zwischen 25° und 42°C, Oberflächen zur Biofilmbildung und Nährstoffe (Arnow et al. 1985; Donlon and Costerton 2002; Lin et al.1998; Murga et al. 2001).

Etwas weiter wird das Temperaturfenster von der OSHA (2017) gefasst, das Temperaturen zwischen 20° und 50°C angibt und einer optimalen Wachstumstemperatur von 35° – 46°C. Gleichzeitig werden Stagnation und ein pH Bereich zwischen 5.0 und 8.5 als Legionellen favorisierende Bedingungen angeführt.

Temperaturen von über 60°C führen zum schnellen Absterben von Legionellen. Deswegen muss gem. DVGW Arbeitsblatt W551 am Austritt des Trinkwassererwärmers eine Temperatur von >60°C stets eingehalten werden.

Quelle: World Health Organization 2007

Wo leben Legionellen?

Legionellen sowie auch andere Mikroorganismen lagern sich auf Oberflächen an und formen einen sogenannten Biofilm auf den Innenseiten der Rohrleitungen. Die im Biofilm vergesellschafteten Mikroorganismen, wie z.B. Flavobacteria und /oder Pseudomonaden stellen wichtige Nährstoffe zum Legionellenwachstum zur Verfügung. Andere tragen durch phagozytose zum Schutz und zur Vermehrung bei (Buse et al. 2014; Kilvington and Price 1990, OSHA 2017).

Wie schnell wachen Legionellen ?

Legionellen wachsen im Vergleich zu anderen Mikroorganismen langsam. Warren und Miller (1979) konnten in Versuchen eine Generationszeit von 6h in definierten Medien bei 37°C feststellen. Neuere Untersuchungen gehen von Generationszeiten von 2h aus (Langer V. 2012). Zum Vergleich: Bei einer optimalen Temperatur von 37°C beträgt die Generationszeit von Pseudomonas aeruginosa im Vollmedium ca. 20 min (Brock et al., 2006).

Zusammenfassend bleibt, dass Temperatur und Generationszeit generell wichtige Stellmechanismen in der Vorsorge und Trinkwasserhygiene sind.

Gibt es noch weitere humanpathogene Trinkwasserkeime ?

Der Vollständigkeit halber sei ein weiterer trinkwasserrelevanter Organismus erwähnt, das ubiquitäre, gram-negative Bakterium Pseudomonas aeruginosa.

Mikrobiologie im Trinkwasser – Pseudomonas aeruginosa bacterium, computer illustration.

P. aeruginosa wächst optimal bei Temperaturen um die 37°C, kann aber vital in einem Temperaturfenster von 4°C bis 42°C nachgewiesen werden. Generatonszeiten liegen bei 1h bis 1.5h im nährstoffarmen Milieu und bei 25 Minuten bis 35 Minuten in nährstoffreicher Umgebung (LaBauve u. Wargo 2012).
Bei 50°C wird ein Absterben von 90% einer P. Aerugunosa population nach rd, 14 Minunten erreicht. 60°C führen zu einem Absterben innerhalb von wenigen Sekunden (Busschaert et al. 1979)

November 2020

Wer kann die Gefährdungsanalyse durchführen ?

Im Rahmen der Gefährdungsanalyse nach TrinkwV und UBA Empfehlung hat der Unternehmer und sonstige Inhaber (UsI) die Gefährdung der Nutzer zu analysieren und mit einem Maßnahmenplan zu hinterlegen.

Ein Fachgutachter oder Sachverständiger für Trinkwasserhygiene kann den UsI bei der Erstellung der Gefährdungsanalyse unterstützen (TrinkwV §16(7)2).

Fachgutachter und Sachverständiger für Trinkwasserhygiene – Michael Groth